Interview mit Software Campus Alumni Stefan Schneider
Was war der Inhalt Deines IT-Projektes und wer waren deine Partner?
Mein Software Campus IT-Projekt, RealVNF (https://realvnf.github.io/), lief gut zwei Jahre von Ende 2018 bis Anfang 2021 mit Huawei Deutschland als Partner.
In dem Projekt ging es um die verbesserte Koordination von verketteten Netzwerkfunktionen (Virtual Network Functions = VNFs) unter realistischen Bedingungen. Dienste beispielsweise für Video- oder Musikstreaming, für Mobilfunk und Kommunikation (z.B. 5G, 6G) oder auch für Machine Learning bestehen oft aus mehreren solcher Funktionen. Die einzelnen Funktionen sind Software, die nach Bedarf auf unterschiedlichen Rechenzentren mit unterschiedlich viel Ressourcen laufen kann. Bei der Koordination dieser Dienste aus mehreren verketteten Funktionen geht es darum, die einzelnen Funktionen dynamisch und fortlaufend optimiert zu skalieren, auf verschiedene Rechenzentren zu verteilen und die Nutzeranfragen passend aufzuteilen, sodass die Servicequalität möglichst hoch (z.B. durch kurze Latenz) ist, aber keine Ressourcen verschwendet werden. Die Herausforderung besteht darin, schnell auf veränderte Anfragen zu reagieren und dabei die verschiedenen, teils gegensätzlichen Optimierungsziele gegeneinander abzuwägen. Dabei sind Details zu den Funktionen sowie den Anfragen oft nicht bekannt.
In meinem Projekt, RealVNF, wurde ein Deep Reinforcement Learning Ansatz (eine Art von Machine Learning) entwickelt. Der Ansatz koordiniert Dienste in einer selbstentwickelten Simulationsumgebung und lernt dabei aus eigener Erfahrung, ohne detailierte Instruktionen oder Expertenwissen. Dabei passt er sich selbstständig verschiedenen Diensten, Anfragemustern, Netzwerkstrukturen und Situationen an und reagiert schnell auf Veränderungen. Durch das selbstständige Lernen und Anpassen an verschiedene Situationen ist der Ansatz deutlich einfacher in der Praxis anwendbar als bisherige Ansätze und erzielt außerdem noch bessere Ergebnisse (höhere Servicequalität).
Der regelmäßige Austausch mit Huawei hat dabei geholfen, das Problem und die praktischen Herausforderungen besser zu verstehen und einen entsprechenden flexiblen Ansatz zu entwickeln.
Was war die größte Herausforderung, der du Dich bisher in Deiner IT-Karriere stellen musstest?
Die Entwicklung des selbstlernenden Ansatzes mit Deep Reinforcement Learning in meinem Software Campus Projekt, Real VNF, war sicherlich eine der größten Herausforderungen bisher – sowohl technisch als auch aus Sicht des Projektmanagements.
Technisch war der Ansatz einer der ersten selbstlernenden in dem Gebiet und es hat lange (fast 1 Jahr) gedauert bis wir ihn richtig designed und implementiert hatten, sodass er zuverlässig Dienste in verschiedenen Situationen und Netzwerken koordinieren konnte.
Wir mussten sowohl den Ansatz selbst als auch die Simulation von Grund auf entwickeln und dabei fortlaufend die Anforderungen mit dem Partner Huawei abstimmen.
Das Team für das Projekt aufzubauen und zu leiten war dabei eine besondere Herausforderung: Wie bekommt man die richtigen Leute? Wie teilt man die Aufgaben richtig auf? Wie findet man einen Lösungsweg und hält das Team motiviert, wenn alle bisherigen Versuche nicht geklappt haben?
Letzen Endes habe ich bei dem Projekt nicht nur wahnsinnig viel gelernt, sondern der entwickelte Ansatz hat auch sehr gut funktioniert. Wir haben für die Veröffentlichung sogar einen Best Student Paper Award gewonnen.
Wofür schlägt – neben deinem Job – dein Herz?
Mir ist Klimaschutz sehr wichtig. Ich hoffe, dass ich mit meiner Arbeit bei der Digitalen Schiene Deutschland (Teil der Deutschen Bahn) zur Verkehrswende beitragen kann und die Bahn pünktlicher und attraktiver machen kann.
Ansonsten reise und wandere ich sehr gerne. Ich freue mich, neue Länder und Kulturen kennenzulernen. Beim Wandern genieße ich die Ruhe und Schönheit der Natur – und kriege dabei oft gute, neue Ideen, die mir auch bei der Arbeit helfen.
Ausgangssprache dieses Interviews: Englisch und Deutsch